Interview mit Iris Maria Stromberger und Clemens Janout zu „Der Swimmingpool“
Iris Maria Stromberger und Clemens Janout gewähren im Interview mit Lea Papieß exklusive Einblicke hinter die Kulissen. Bei der Erarbeitung ihrer Figuren distanzieren sich beide sehr bewusst von den Vorlagen, die Romy Schneider und Alain Delon hingelegt haben. Der Stoff des filmischen Originals der späten 60er Jahre behandelt zeitlose Themen, die uns heute unverändert betreffen, so die beiden Hauptdarsteller.
Frau Stromberger, wie stehen Sie zum Film „Der Swimmingpool“?
„Ich muss zugeben, dass ich den Film nie gesehen habe. Selbst nachdem klar war, dass ich in dieser Produktion mitspielen würde, habe ich ihn mir nicht angesehen — und das ganz bewusst, denn ich möchte immer offen an meine Rollen herangehen. Im Stück ist Marianne meine Figur, nicht die von Romy Schneider. Ich erarbeite sie wie jede Figur mittels Vorstellungskraft, Empathie, Schauspieltechnik und dem stetigen Anspruch, dass ich ihre Handlungen rechtfertigen muss. Marianne agiert wie jeder Mensch affektiv logisch, wenn auch unverständlich für andere. Jeder Moment steht auf Messers Schneide.“
Herr Janout, gewähren Sie uns bitte einen kleinen Einblick in die Proben: Das filmische Original wie auch das Theaterstück leben von einer intensiven Atmosphäre der Leidenschaft und Intrigen. Wie haben Sie das erarbeitet?
„Bei einem Theaterprojekt wie ‚Der Swimmingpool‘ braucht es eine versierte Regie — ihre Aufgabe ist es, das komplexe Geflecht aus entgegengesetzten Interessen der handelnden Figuren zu bündeln. Was uns Schauspieler:innen betrifft: Um eine Atmosphäre der Leidenschaft und Intrigen zu erzeugen, ist das, was fernab des Textes geschieht — also in den textlichen Pausen — von höchster Relevanz: Kleine Bewegungen, einzelne Blicke, subtile Töne erzählen oft viel mehr als der pure Text und vermögen es, eine Atmosphäre zu erzeugen, die — streng genommen — erst das Fundament für den Text darstellt.“
Gibt es ein Zitat Ihrer Figur, das Sie bereits bei den Proben ins Herz geschlossen haben, Frau Stromberger?
„Ja, tatsächlich, da fällt mir auf Anhieb eines ein: ‚Ich sehe dich an, ich sehe dich lebendig. Beim Essen, beim Gehen, Telefonieren. Es ist, als würde ich dich zum ersten Mal sehen.’“
Lassen Sie uns noch kurz bei den Proben bleiben, Herr Janout. Gab es da eine Szene, die Sie besonders berührt hat?
„Ja, definitiv. Eine Szene mit Marianne, der Partnerin von Jean-Paul. Sie bringt seine homosexuelle Neigung zur Sprache. Jean-Paul war schon in der Version von Alain Delon eine äußerst komplexe Figur. In der Bühnenadaption ist sie noch komplexer geworden, da Regisseurin Angie Mautz dem Charakter eine bisexuelle Orientierung verpasst hat. Das Stück spielt Ende der 60er Jahre und zu dieser Zeit waren solche Neigungen verpönt. In der Szene geht es zum einen um sein sexuelles Interesse an Männern und zum anderen — allgemeiner — darum, dass er im Grunde genommen ein unerfülltes Leben führt. Die Szene hat mich bereits bei den Proben berührt und tut es noch immer — denn ich denke, wir alle kennen diese Momente, in denen wir rückblickend feststellen, dass etwas nicht so gekommen ist, wie wir es uns vorgestellt hatten. Und das kann schon ordentlich weh tun. Und diese neue Nuance der Figur, die es im Film noch nicht gab, hilft mir auch dabei, einen Jean-Paul zu spielen, der ‚mein‘ Jean-Paul ist; und nicht der von Alain Delon.“
Das Junge Theater Klagenfurt erzählt die Handlung eines Films, der vor rund 60 Jahren über die Leinwand flimmerte. Da könnte schon der Gedanke aufkommen, hier handle es sich um ein antiquiertes Stück. Was sagen Sie dazu, Frau Stromberger?
„Der Gedanke könnte aufkommen, ja, aber so ist es ganz und gar nicht. Das Stück dreht sich unter anderem um toxische Beziehungsmuster, narzisstische Kränkungen, unterdrückte Sehnsüchte und Begierden, unerfüllte Liebe und die Frage, wie weit sich die Realität im eigenen Kopf verbiegen lässt, wenn man unsäglich verliebt ist. Und das sind zeitlose Themen.“
Wie sehen Sie das, Herr Janout?
„Da kann ich mich nur anschließen. Das Motiv der romantischen Liebe, die vieles ermöglichen, aber vieles eben auch verunmöglichen kann, besitzt zeitlose Relevanz. Und dass wir uns selbst am Ende am nächsten sind sowieso.“